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Orgel Dom zu Lübeck Orgel St. Jakobi Orgel St. Marien Orgel St. aegidien

Porträts der Klangmeister

Die Orgeln in der Lübecker Innenstadt

Historische Aufzeichnungen belegen, dass es in Lübeck schon sehr früh Orgeln gab. Im Lauf der Jahrhunderte wurden diese dem jeweiligen Klangideal durch Ergänzungen, Erweiterungen und Austausch von Registern angepasst oder durch Neubauten gänzlich ersetzt. Allerdings blieben die wertvollen Gehäuse allesamt stehen, selbst viele Register wurden bei den nötigen Restaurierungen wiederverwendet. Erst während der Bombardierung Lübecks in der Palmsonntagsnacht 1942 wurden Instrumente im Dom, in St. Petri und St. Marien zerstört. Im Dom und in St. Marien ersetzten Neubauten die verloren gegangenen Instrumente.


St. Jakobi

In St. Jakobi sind gleich zwei historische Orgeln weitgehend erhalten geblieben. Hinzu kommt ein rekonstruiertes Orgelpositiv, also eine kleine mobile Orgel mit wenigen Registern, sowie zwei kleinere, orgelbaugeschichtlich bedeutsame Instrumente.

Orgeln der St. Jakobi KircheVon links nach rechts: große Orgel, Stellwagen-Orgel und Richborn-Positiv in St. Jakobi

Stellwagen-Orgel
Die Anfänge der Stellwagen-Orgel gehen auf das Jahr 1467 zurück. Die bis heute erhaltene spätgotische Fassade beherbergte ein gotisches Blockwerk, das 1637 von dem Orgelbauer Friedrich Stellwagen erweitert wurde. 1977/78 kam es zu einer grundlegenden und nach strengen denkmalpflegerischen Gesichtspunkten durch­geführten Restaurierung. Das Ergebnis ist eine Orgel, die technisch der Zeit des Orgelbauers Friedrich Stellwagen entspricht. Darum wird sie seitdem »Stell­wagen-Orgel« genannt. Sie ist weltweit eine der wenigen Orgeln, in der ein originaler Pfeifenbestand aus Gotik und Renaissance erhalten ist.

Große Orgel
Reste des alten Orgelfundamentes gehen auf die Jahre 1464/66 zurück. 1673 ergänzte der Hamburger Orgelbauer Jochim Richborn das Hauptwerk mit neuen Registern, erweiterte das Rückpositiv, fügte ein Brustwerk ein und flankierte das Hauptwerk mit den Pedaltürmen. Es folgten Reparaturen und Anpassungen an das jeweilige Klangideal, so dass die große Orgel bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts immer wieder klangliche und technische Veränderungen erfuhr. 1984 wurde die Firma Schuke aus Berlin mit einem Neubau unter Verwendung von 22 historischen Registern beauftragt. 2012 wurde die Windanlage erneuert und das gesamte Instrument neu intoniert. Die Arbeiten führte die international renommierte Firma Flentrop (Zaandam, Niederlande) aus.

Richborn-Positiv
(ehemalige Lettnerorgel)
Über dem Gewölbe der Sakristei entdeckte man einen Schrank, auf dem die Jahreszahl 1673 dokumentiert war. Intensive Nachforschungen ergaben, dass Jochim Richborn, der 1673 die große Orgel erweitert hatte, der Erbauer auch dieses Instruments war. Dieses Positiv stand auf dem Sängerchor (Lettner) bis zu dessen Abbruch 1844. Das Pfeifenwerk wurde damals ausgeräumt, das Gehäuse fortan als Schrank genutzt. 1992 wurde das Orgelgehäuse nach Schweden in die Werkstatt des Orgelbauers Mads Kjersgaard transportiert, wo es nach den Vorgaben anderer Richborn-Orgeln rekonstruiert werden konnte. Im November 2003 wurde es in St. Jakobi eingeweiht.

Positiv von Theodor Vogt
Eine Seltenheit in der Lübecker Orgelbaugeschichte ist das einmanualige, pedallose Positiv des Lübecker Orgelbauers Theodor Vogt. Vogt war im 19. Jahrhundert für die meisten Lübecker Orgeln zuständig. Von seinen weiteren Orgelwerken ist nur noch die Orgel in der Kirche zu Nusse erhalten. Abgesehen von einer geringfügigen Ergänzung zeugt dieses Positiv von den Klangvorstellungen, die Mitte des 19. Jahrhunderts für Lübeck typisch waren.

Hugo-Distler-Hausorgel
Eine weitere Besonderheit auf dem Gelände der St.-Jakobi-Gemeinde markiert die Hausorgel des ehemaligen Jakobiorganisten Hugo Distler. In Erinnerung an die historischen Jakobiorgeln ließ Distler sich dieses Instrument in seiner Stuttgarter Zeit von dem Göttinger Orgelbauer Paul Ott bauen.


Dom zu Lübeck

Schon im 13. Jahrhundert erklang im Dom eine Orgel. Aus dem 14. Jahrhundert stammte die erste große Orgel an der Westwand des Langschiffes in Form eines gotischen Blockwerks. Diese wurde 1596 abgerissen. Zehn Jahre später nahm ein neues Instrument ihren Platz ein. 1696 beauftragte die Kirche den berühmten Hamburger Orgelbauer Arp Schnitger mit dem Bau einer dreimanualigen Orgel. Diese wurde 1942 mitsamt der Empore beim Bombenangriff auf Lübeck vernichtet.

Orgeln im Dom zu Lübeck Marcussen-Orgel (links) und italienische Barockorgel im Dom zu Lübeck

Marcussen-Orgel
Beim Wiederaufbau des Doms bestellte die Gemeinde auf Empfehlung von Prof. Uwe Röhl eine dreimanualige Orgel bei der dänischen Firma Marcussen und Sohn. Für die jüngere Lübecker Orgelbaugeschichte war die Vergabe des Auftrags an eine auswärtige Firma ein bedeutender Schritt, für die große Lübecker Orgelbauwerkstatt E. Kemper, die über Jahrzehnte einen Großteil der Lübecker Orgeln gebaut bzw. betreut hatte, war sie dagegen ein folgenreiches Ereignis.

Italienische Barockorgel
Die neapolitanische Barockorgel von Biaggio di Rosa aus dem Jahre 1777 fand im Dom zu Lübeck auf Initiative der Musikhochschule eine neue Heimat. Glücklichen Umständen ist es zu verdanken, dass das außergewöhnliche Instrument im Februar 2000 aus Privatbesitz erworben werden konnte. Es ist heute Eigentum der Dräger-Stiftung.


St. Aegidien

Die Orgel der St.-Aegidien-Kirche zu Lübeck geht in ihrer äußeren Gestalt auf ein Instrument von Hans Scherer dem Jüngeren aus dem Jahre 1625 zurück. Im Jahre 1916 stellte der Lübecker Orgelbauer Emanuel Kemper hinter das historische Gehäuse ein romantisches Werk mit Röhrenpneumatik und Taschenladen. Sein Nachfolger, Karl Kemper, rüstete dieses Instrument wieder zu einer mechanischen Schleifladenorgel um. Mit einigen Veränderungen in der Gesamtanlage (Disposition) tat diese bis 1978 ihren Dienst. Ausgelöst durch statische Probleme kam es zu einer grundlegenden Neukonzeption, die in einem Neubau durch die Firma Klais im Jahre 1982 mündete. Dieses Instrument wurde 2003 von der Firma Mühleisen (Leonberg) gereinigt, behutsam überarbeitet und mit einer großzügigen Setzeranlage versehen.


St. Marien

Die Kirchenmusik in der Lübecker St.-Marien-Kirche wurde berühmt durch die »Lübecker Abendmusiken«, eine der ältesten Konzertreihen der Welt, begründet durch den Buxtehude-Vorgänger Franz Tunder, der 1641–1667 Marienorganist war. Dieterich Buxtehude baute sie zu Abendmusiken aus, die zu jener Zeit zum Ende des Kirchenjahres und in der Adventszeit erklangen. 1705 kam J. S. Bach nach Lübeck, um Buxtehudes Abendmusiken kennenzulernen. Heute finden über das gesamte Jahr verteilt zahlreiche Konzerte in St. Marien statt.

Die Orgeln von St. AegidienDie Orgeln von St. Aegidien (links) und St. Marien (von links nach rechts): große Orgel, Totentanz-Orgel und Positiv in der Briefkapelle

Große Orgel
Die große Orgel mit ihrem prachtvollen spätgotischen Prospekt, in dessen Mittelfeld Pfeifen eines Prinzipal 32' emporragten, entstand in den Jahren 1516–1518 an der Westfassade von St. Marien. Die Orgel umfasste das Hauptwerk, Unterwerk sowie Pedalwerk und wurde 1561 von Jakob Scherer durch ein kleines Brustwerk ergänzt. Auch sie fiel den Bombenangriffen zum Opfer. An der Westwand der Basilika beeindruckt seit 1968 die große Orgel von Emanuel Kemper jun. mit fünf Manualen, Pedal und 101 Registern.

Totentanz-Orgel
In einer an das nördliche Seitenschiff angrenzenden Kapelle erweckte Johannes Stephani 1475–1477 das Hauptwerk seiner berühmten Totentanz-Orgel zum Leben, das 1558 von Jakob Scherer durch ein Rückpositiv und 1621/22 von Henning Kroeger durch ein Brustwerk ausgebaut wurde. Auch diese Orgel fand im Bombenhagel ihr Ende. Emanuel Kemper jun. fertigte 1955 im nördlichen Seitenschiff auf der Höhe des Hochchores eine neue dreimanualige Totentanz-Orgel, die 1986 von einem viermanualigen Instrument der Orgelbauwerkstatt Alfred Führer abgelöst wurde.

Positiv in der Briefkapelle
Die Briefkapelle von St. Marien beherbergt ein Positiv von Johannes Schwarz aus dem Jahr 1723. Es stammt aus dem ehemaligen Ostpreußen und kam 1933 über die Firma Kemper nach Lübeck, wo es unmittelbar nach Kriegsende zunächst in St. Katharinen aufgestellt wurde, bevor es in die Briefkapelle umsiedelte.

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